Two neighbours - one perspective...
06.05.2016

Two neighbours - one perspective

„Two neighbours- one perspective“- mehr als ein Schulprojekt des Liceums Ogolnokszatlcace im. M. Kopernika/Tarnobrzeg und des Deutschhaus-Gymnasiums/Würzburg


Im Juni 2015 war es endlich soweit: Jugendliche aus zwei Nationen, aus Deutschland und Polen, fanden in Tarnobrzeg, dann später in Auschwitz und Krakau zusammen, um sich während eines mehrtägigen Aufenthaltes in Polen mit ausgewählten Aspekten der deutschen und polnischen Geschichte vertraut zu machen. Sie sollten für die schwierigen Beziehungen beider Nationen im 20. Jh. sensibilisiert werden. Eine Schwerpunktsetzung galt dabei dem Leben der jüdischen Menschen beider Staaten, besonders dem Holocaust. Gleichzeitig war es grundlegendes Ziel, wechselseitig bestehende Klischees über Deutsche und Polen abzubauen, für die Lebensweise und Kultur des anderen Landes wie der Region nachhaltig zu werben und den Wert eines friedlichen Miteinanders in einem vereinten Europa bewusst zu machen.

Basis der Zusammenarbeit war die enge, immer vertrauensvolle Kooperation beider Schulen. Initiiert wurde sie bereits im April 2012 von der Präsidentin von europafels, Frau Magdalena Baur, sowie dem Schulleiter des Liceums Ogolnokszatlcace im. M. Kopernika, Herrn Tomasz Stroz und Herrn Norbert Baur, Schulleiter am Deutschhaus-Gymnasium. Auch der neue Schulleiter des Deutschhaus- Gymansiums, Herr OStD Michael Schmitt, betont die herausragende Bedeutung der künftigen Zusammenarbeit beider Schulen. „Two neighbours- one perspective“ wurde unter dem Dach von europafels organisiert sowie mit europäischen Mitteln aus dem Programm Erasmus + gefördert.

Durch die beiden Geschichtslehrer, Adam Stepinski und Carsten Dutz, wurden die Inhalte des Projekts in zwei Vortreffen in Polen festgezurrt. Über die europäische Internetplattform eTwinning lernten sich dann die Schüler zweier zehnter Klassen der Schulen vorab kennen und erstellten zahlreiche Präsentationen zur Geschichte und Kultur beider Staaten, Regionen und Städte. Dabei zeigten alle Schülerinnen und Schüler ein hohes Maß an Eigeninitiative. Projektsprache war Englisch. Weiterhin erfuhr das Projekt wissenschaftliche Begleitung durch das Institut Geschichte der Universität Würzburg seitens Herrn Prof. Mathias Stickler und Herrn Dr. Gerrit Dworok, Frau Dr. Rotraud Ries vom jüdischen Zentrum Shalom Europa sowie Herrn Dr. Tadeuz Zych, Direktor des Museums in Tarnobrzeg. Frau Benita Stolz von Arbeitskreis Stolpersteine in Würzburg kooperierte ebenfalls mit den Projektpartnern. Grundlegend war dabei das via Skype übertragene Impulsreferat zur deutsch-polnischen Geschichte durch Herrn Prof. Stickler im Mai 2015.

Im Sommer 2015 trafen sich dann Schüler und Lehrer vor Ort in Polen. Nach einem sehr herzlichen Empfang durch die polnischen Gastgeber arbeiteten die Jugendlichen dann in drei von den Lehrkräften erstellten Modulen die Geschichte beider Nationen von der Zeit vor dem 2. Weltkrieg bis in die 90er Jahre des 20. Jh. auf. Besonderer Wert wurde dabei auf die binationale Zusammensetzung der Arbeitsgruppen gelegt, was ein besseres Kennenlernen und interkulturelle Kompetenzen förderte. Neben der wissenschaftlichen Arbeit wurde der Austausch zwischen den Projektpartnern auch durch ein kulturelles wie sportliches Rahmenprogramm in Tarnobrzeg, Sandomierz, Krakau und Wieliczka unterstützt, das die polnischen Gastgeber perfekt vorbereitet hatten. In Tarnobrzeg flankierte dann Dr. Zych durch seinen Vortrag zur jüdischen Gemeinde in Tarnobrzeg bzw. der Zeit der deutschen Besatzung der Stadt den wissenschaftlichen Ertrag des Projekts. Für alle Beteiligten emotional sehr berührend war der gemeinsame Besuch der Gedenkstätte Auschwitz- Birkenau. Alle Ergebnisse wurden dann nach Beendigung der Projektwoche auf der eTwinning- Plattform zusammengeführt. Erfreulich hervorzuheben bleibt, dass das Projekt auch nach dieser Zeit Früchte getragen, etwas Bleibendes hinterlassen hat: Im Mai 2016 reiste eine Delegation aus Schülern, Lehrern und Vertretern von europafels nach Tarnobrzeg, um mit den polnischen Freunden eine Gedenktafel für den von den Nationalsozialisten ermordeten bekannten Künstler Marian Ruzamski, dessen Bilder weit über Polen hinaus bekannt sind und auch schon im deutschen Bundestag ausgestellt waren, zu enthüllen. Diese Veranstaltung, bei denen der Tarnobrzeger Stadtpräsident und Vertreter der Gedenkstätte Auschwitz zugegen waren, erfuhr in den polnischen Medien große Würdigung. Im Juli wird dann eine Delegation aus Polen in Würzburg zu Gast sein, um mit der Verlegung zweier Stolpersteine auch Opfern aus Unterfranken zu gedenken (Frau Käthe Heippert und ihrer kleinen Tochter, beide ermordet in Auschwitz). Eine Abendveranstaltung im jüdischen Zentrum Shalom- Europa wird das Projekt zusätzlich in die Öffentlichkeit tragen.

Was bleibt ist, dass allen Beteiligten des Projekts bewusst geworden ist, dass die leidvolle Beziehung zwischen Polen und Deutschland sowie den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in beiden Staaten nicht in Vergessenheit geraten darf. Gleichzeitig ist es notwendig, sich Verbindendem bewusst zu werden- in einem friedlichen, vereinten und demokratischen Europa. Vielleicht hat „Two neighbours- one perspective“ dazu einen kleinen Beitrag geleistet, den jungen Menschen dies gezeigt zu haben. Ihnen gehört unsere Zukunft.

Carsten Dutz, OStR, Deutschaus- Gymnasium/ Würzburg



Foto:
Direktor Tomasz Stróż ,
Präsidentin Magdalena Baur,
Stadtpräsident Grzegorz Kiełb (von links)